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Gesundheitswesen aktuell

Therapie bei rheumatischen Erkrankungen

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Prof. Julia Holle und Prof. Frank Moosig sind im Privatärztlichen Zentrum Kiel sowie dem Rheumazentrum Schleswig-Holstein Mitte aktiv. Beide sind auf die Diagnose und Behandlung rheumatischer Erkrankungen spezialisiert. FOTOS: WWW.STEVENHABERLAND.COM

Es ist noch umstritten, ob es das klassische Gelenkrheuma, die Rheumatoide Arthritis (im Weiteren RA), schon in der Antike in Europa gab, oder ob sich diese Erkrankung erst mit der Entdeckung und dem Austausch mit der „Neuen Welt“ hier ausbreitete. Rezepte gegen Gelenkschmerzen aller Art hat es jedenfalls fast immer gegeben. Schon in altägyptischen Papyrusrollen sind sie erwähnt. So beschreibt der Papyrus Ebers etwa 1500 v. Chr. Verbände mit einer Mischung aus rotem Ocker, der Scherbe eines neuen Topfes und dem Gärungsprodukt des Honigs zur Behandlung von Schmerzen der Zehen. Tatsächlich könnte das Gärungsprodukt, also Alkohol, zumindest eine desinfizierende und kühlende Wirkung gehabt haben.

Von Aderlass und Katzenfell zu computerdesignten Präzisionsmedikamenten

Im Mittelalter kamen, wie bei vielen anderen Beschwerden auch, Aderlässe, Brechmittel und auch Katzenfelle zum Einsatz. Katzenfellen wurde bis weit in die Neuzeit eine heilende Wirkung bei „Rheuma“ zugeschrieben, und noch um 1900 wurden sie hierfür zahlreich und in vielen Varianten hergestellt und vertrieben. Während all dies aus heutiger Sicht als wirkungslos betrachtet werden muss, gab es auch Therapien, denen tatsächlich lindernde Eigenschaften zuzusprechen sind. Ein Beispiel ist die naturheilkundlich eingesetzte Weidenrinde. Sie enthält Salizylate, ähnlich wie die Acetylsalizylsäure, die vielen als ASS oder unter dem weltberühmten Namen Aspirin bekannt ist.

Die Krankheit, die wir heute als RA kennen, wurde erst 1890 durch Archibald Garrod, einem englischen Arzt und Wissenschaftler, genauer beschrieben und von anderen Gelenkschmerzen, also u.a. der Gicht und der Arthrose, abgegrenzt.

Die Möglichkeiten der gezielten Behandlung blieben aber weiterhin sehr begrenzt. Mit der Entdeckung und dem gezielten Einsatz eines Hormons der Nebennierenrinde gelang u.a. dem Amerikaner Philip Hench 1948 ein erster Durchbruch. Unter dem Schlagwort „Kortison“ sind Wirkstoffe wie das Prednisolon noch heute Bestandteil einiger Therapiekonzepte. Nach der ersten Begeisterung wegen der hohen Wirksamkeit des „Kortisons“ machte sich aber schnell Ernüchterung breit: Es hatte bei hochdosierter und langer Anwendung erhebliche Nebenwirkungen. Daher wurden Wirkstoffe gesucht, die das „Kortison“ ersetzen sollten. Das in den 1980er-Jahren in die Therapie der RA eingeführte Methotrexat (MTX) spielt auch heute noch eine große Rolle, indem es korrigierend in das Immunsystem eingreift. Aber auch hiermit konnte noch nicht allen Patienten geholfen werden. Durch ein immer besseres immunologisches und auch molekulares Verständnis der krankhaften Vorgänge in Verbindung mit Fortschritten der Biotechnologie wurden in den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts Eiweißmedikamente, sogenannte „Biologika“, entwickelt, die sehr gezielt in das Krankheitsgeschehen eingreifen können. Mit Infliximab erfolgte 1998 die erste Zulassung eines solchen Medikamentes für die RA. „Biologika“ stellen heute eine recht große Gruppe von Wirkstoffen dar und haben die Behandlungsmöglichkeiten nicht nur bei der RA stark verbessert. Der bisher letzte Entwicklungsschritt neuer Wirkstoffe wurde durch computergestütztes gezieltes Design kleiner Moleküle erreicht. Bereits auf dem Markt befinden sich Hemmstoffe der für das Entzündungsgeschehen bei der RA zentralen Januskinasen. Januskinasen vermitteln von außen kommende Signale in das Zellinnere und sorgen für eine entzündungsfördernde Aktivierung. Ihre Hemmung kann daher zu einer Beendigung der Entzündungsreaktion führen. Diese Forschung, die zunehmend im Computerchip und weniger im Reagenzglas stattfindet, lässt noch viele segensreiche Entwicklungen erwarten.

Dem Rheumatologen steht damit heute schon eine ganze Bandbreite an Medikamenten zur Verfügung, die eine optimal auf den Patienten zugeschnittene Therapie erlauben. So sind Patienten, die auf den „Goldstandard“ Methorexat nicht ausreichend ansprechen oder diese Therapie nicht vertragen, heute mit den verschiedensten Biologika-Klassen oder eben den Januskinasehemmern in der Regel sehr gut einstellbar, auch wenn diese Therapien regelmäßige Kontrolluntersuchungen, insbesondere mit Überprüfung von Laborwerten und Kontrolle der Entzündungsaktivität durch Ultraschall der Gelenke, erfordern. Eine enge Zusammenarbeit von Patient und Rheumatologe ist daher eine wichtige Basis für eine gute Einstellung.

Rheumazentrum Schleswig-Holstein Mitte Prof. Dr. Julia Holle und Prof. Dr. Frank Moosig
Kuhberg 5a–7
24534 Neumünster
Tel. 04321 6 02 23-0
Sophienblatt 13–17
24103 Kiel
Tel. 0431 72 00 47 60
www.rheuma-sh.de